… weiter geht’s mit unserer Reise durch den Paragraphen-Dschungel!
Verbot der Tierquälerei (TSchG)
§ 5 (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.
So weit, so gut – da sind wir uns ja alle einig!
Das, was wir bei diesem Satz im Kopf haben, sind die wirklich brutalen Bilder. Die Frage, die man aber schon auch stellen darf: wo fangen denn Schmerzen, Leiden, Schäden und (schwere) Angst an?
Und da habe ich auch Bilder von Mini-Hunden im Kopf, die ohne Vorwarnung (Halsband an Flexi-Leine) einfach weitergezogen werden … weil’s mit einem Leichtgewicht an der Leine ja kaum auffällt.
Was ich damit sagen will: wir dürfen ALLE immer genau hinschauen, wie wir mit unseren Tieren umgehen … und JA, jedes Tier ist da anders und daher ist gerade das Thema mit Angst gar nicht so einfach.
So, und jetzt wird’s lange und zum Teil ziemlich detailliert – was uns schon mal sagt: hier gibt’s wohl 1. ein Thema und 2. viele Menschen, die es einfach nicht akzeptieren wollen (und wir sind noch immer bei der Tierquälerei):
§ 5 (2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer
1. Züchtungen vornimmt, bei denen vorhersehbar ist, dass sie für das Tier oder dessen Nachkommen mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind (Qualzüchtungen), sodass in deren Folge im Zusammenhang mit genetischen Anomalien insbesondere eines oder mehrere der folgenden klinischen Symptome bei den Nachkommen nicht nur vorübergehend mit wesentlichen Auswirkungen auf ihre Gesundheit auftreten oder physiologische Lebensläufe wesentlich beeinträchtigen oder eine erhöhte Verletzungsgefahr bedingen:
a) Atemnot,
b) Bewegungsanomalien,
c) Lahmheiten,
d) Entzündungen der Haut,
e) Einschränkung physiologischer Funktionen durch teilweise oder gänzlich fehlendes Haarkleid, verändertes oder teilweise oder gänzlich fehlendes Federkleid oder reduzierte oder gänzlich fehlende Beschuppung bei Reptilien,
f) Einschränkung physiologischer Funktionen durch Entzündungen oder Missbildungen der Augen bzw. deren Anhangsgebilde,
g) Blindheit,
h) Exophthalmus (Anm.: vorgewölbte Augen),
i) Taubheit,
j) neurologische Symptome oder Funktionsverlust von Sinnesorganen,
k) Fehlbildungen des Gebisses, des Kiefers oder des Schnabels, sofern diese Fehlbildungen ihren physiologischen Funktionen entgegenstehen,
l) Missbildungen der Schädeldecke,
m) Körperformen, bei denen mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, dass natürliche Geburten nicht möglich sind;
Dieser Absatz (2) enthält noch viele andere Punkte (14 insgesamt), die ich hier jetzt auslasse, weil’s sonst wieder unübersichtlich wird. Den Link zum kompletten Gesetz findest du im ersten Teil der Serie.
Wir halten also fest, dass alle Qual- oder Defektzuchten in Österreich nicht erlaubt sind. Das heißt für uns, dass wir bei der Auswahl unserer Hunde genau darauf schauen dürfen / müssen, ob sich unser ausgewählter Züchter / unsere Züchterin auch danach richtet. Ob und wie Rückzüchtungen möglich sind, sei jetzt mal dahingestellt – Fakt ist, dass nicht noch weitere Wesen mit Leiden in die Welt gesetzt werden dürfen, damit vielleicht irgendwann einmal Hunde mit “normalen” Schnauzen, Köpfen, Beinen, Ohren, … entstehen.
Den Zucht-Wahnsinn gibt’s ja leider auch bei anderen Tierarten – als Anhaltspunkt für “KonsumentInnen”, TierärztInnen und Behörden befindet sich dazu QUEN (Qualzucht-Evidenz-Netzwerk) im Aufbau und liefert gerade für Hunde schon wichtige Informationen, die über den Gesetzestext hinausgehen und auf jeden Fall überlegenswert sind: https://qualzucht-datenbank.eu/
Ergänzend dazu gibt es für diese Tiere auch ein Verbot der Ausstellung, Präsentation und Abbildung zu Werbezwecken (§8b (1) und (3)!
Auch dazu gab’s schon mal einen lauten Aufschrei eines Veranstaltenden, weil die zuständige Behörde das Gesetz durchgesetzt und entsprechende Auflagen erteilt hat. Es ist aber eben kein Spaß und genau die Aufgabe von Behörden … schade nur, dass sich halt nichts ändert, solange es keine Gesetze gibt (es ginge ja auch anders).
Es darf daher auch in keiner Werbung zB ein “typischer” Mops vorkommen – sollte dir das doch einmal unterkommen, ist die Information an die Werbetreibenden bzw. an die Tierschutz-Ombudsstelle möglich und richtig (so einfach kann Zivilcourage sein).
Dabei geht es nicht um’s Vernadern, es geht darum, dass schwerste Missbildungen normalisiert werden und uns gar nicht mehr so schlimm vorkommen … und die Nachfrage bestimmt das Angebot.
2. die Aggressivität und Kampfbereitschaft von Tieren durch einseitige Zuchtauswahl oder durch andere Maßnahmen erhöht;
Da ist wohl keine Erklärung notwendig, dennoch darf das bei der Auswahl des Züchters/der Züchterin abgefragt werden.
3. a) Stachelhalsbänder, Korallenhalsbänder oder elektrisierende oder chemische Dressurgeräte verwendet oder
b) technische Geräte, Hilfsmittel oder Vorrichtungen verwendet, die darauf abzielen, das Verhalten eines Tieres durch Härte oder durch Strafreize zu beeinflussen oder
c) Halsbänder oder sonstige Vorrichtungen zur Fixation mit einem Zugmechanismus verwendet, welche keine Stoppfunktion aufweisen, sodass durch Zusammenziehen das Atmen des Hundes erschwert werden kann oder Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden können, oder
d) Vorrichtungen zur Bewegungseinschränkung verwendet, wenn diese physiologische Abläufe, das Hecheln oder die Wasseraufnahme, verhindern.
Ein ziemlich spannender Punkt, seit d) hinzugekommen ist.
Dass Stachel-, Korallenhalsbänder (auch deren Besitz) verboten sind, sollte mittlerweile ja allgemein bekannt sein. Retrieverleinen oder Zughalsbänder benötigen auf jeden Fall einen Stoppmechanismus, so dass der Hund nicht stranguliert werden kann (auch nicht kurz, auch klar).
Die “Vorrichtungen zur Bewegungseinschränkung” sollten wir uns aber genauer anschauen: Hecheln und Wasseraufnahme muss möglich sein (das ist klar – und somit sind Maulschlaufen auch ganz wirklich kein Maulkorbersatz) … und jetzt kommt’s – physiologische Abläufe dürfen nicht verhindert werden. Genau das lässt Interpretationsspielraum für Haltis, kreative “Erziehungsgeschirre”, die Mexican 8 usw. Nachdem “pathologisch” (krankhaft) das Gegenteil “physiologisch” ist, würde ich zumindest den dauerhaften Einsatz solcher Hilfsmittel als kritisch sehen (vielleicht auch den kurzfristigen?). Es kann also kein Fehler sein, wenn wir schon mal vorsorglich (bevor sich dieser Punkt verschärft, weil der Sinn dahinter noch immer nicht angekommen ist) die Erziehung und das Training unserer Hunde daraufhin abstimmen, dass wir keine “Zwangs-“Hilfsmittel benötigen,
Im nächsten Teil beschäftigen wir uns mit der Hundeausbildung und wo denn das mit dem “Schutz” eigentlich steht. Stay tuned!
1 Kommentar
Hundefreund · 24.04.2025 um 16:49
Paragrafen-Dschungel🌴🏝️ Du sagst es… Aber danke für die kompakte Aufarbeitung! Sehr interessant.
LG